Lesen hilft Leben retten

Als mir Jenni erzählte, wie viele Menschen in Deutsch­land nicht flie­ßend lesen und schreiben können, war ich wirk­lich erstaunt. Ich habe mir darüber vorher nie Gedanken gemacht.

Für mich ist Lesen selbst­ver­ständ­lich. Das habe ich in der Schule gelernt und ich war eine abso­lute Lese­ratte. Gern auch abends mit der Taschen­lampe unter der Bett­decke, weil ich eigent­lich schlafen sollte.

Die Über­le­gung, meine Blog­ar­tikel auch einzu­lesen, damit man sie hören kann, hat mehr damit zu tun, dass ich Blog­ar­tikel gern höre, wenn ich die Haus­ar­beiten erle­dige oder Auto fahre. Und natür­lich auch, damit Menschen mit Sehbe­hin­de­rung durch meine Stimme eine Vorstel­lung von mir bekommen können.

Seit meinem Gespräch mit Jenni bin ich für dieses Thema sensi­bi­li­siert und plötz­lich begegnet es einem an vielen Orten.

Der Durchschnitt aller Deutschen …

… trifft sich auf Sylt. Vor Kurzem habe ich Freunde auf Sylt besucht. Ich mag die Insel ganz im Norden sehr. Schon seit ich dort auf Klas­sen­fahrt war. Strand, Meer, wunder­schöne Dünen­land­schaften und die typi­schen Frie­sen­häuser mit den Reet­dä­chern überall.

Als Küsten­kind fühle ich mich am Meer zu Hause. Egal ob Ost- oder Nordsee. Was mich aber schon hier an der Ostsee immer wieder geär­gert hat, sind die vielen igno­ranten Touristen, die trotz vieler Hinweis­schilder einfach die Dünen kaputt tram­peln.

Leider etwas, was ich auf Sylt noch viel öfter beob­achtet habe. Sylt, die Insel, auf der sich Menschen aus ganz Deutsch­land treffen, um Urlaub zu machen. Super­reiche, reiche und durch­schnitt­lich verdie­nende Menschen.

Ein Geistesblitz.

Und dann plötz­lich fiel es mir ein. Diese Menschen, die unge­achtet der Hinweis­schilder, Flyer, Broschüren und Berichten wie viel Sand beim letzten Sturm von der Insel abge­tragen wurde, müssen eine Lese­schwäche haben. Anders kann man sich so viel Igno­ranz kaum erklären.

Laut Studien (Leo Studie 2018) hat jede:r Achte Erwach­sene Schwie­rig­keiten beim Lesen und schreiben. Das sind über 6 Millionen Menschen in Deutsch­land. Egal welchen Schul­ab­schluss diese Menschen erreicht haben. Gymna­si­asten sind genau so betroffen wie Haupt­schüler und den meisten merkt man es nicht an. Sie haben Stra­te­gien entwi­ckelt, um nicht aufzu­fallen.

Auf dem Niveau eines Grundschulkindes.

Sie sind funk­tio­nale Analpha­beten und haben ein Lese­ni­veau von Grund­schü­lern der zweiten oder dritten Klasse. Sie können zwar einzelne Wörter schreiben oder einfache Sätze lesen, aber sie verstehen den Sinn eines längeren Textes nicht.

Wenn sie sich etwas notieren müssen, schreiben sie häufig so, wie sie die gespro­chenen Worte hören.

Deine Schrift ist viel schöner

Analpha­beten versu­chen bloß nicht aufzu­fallen, denn keiner gibt gern zu, dass er etwas, das in unserer Gesell­schaft als selbst­ver­ständ­lich gilt, nicht kann. Deshalb sind funk­tio­nale Analpha­beten oft erfin­de­risch, um ihre Schwäche zu verbergen.

Sie erfinden Ausreden wie: Hab meine Brille vergessen oder habe mir die Hand verletzt und kann gerade nicht schreiben.

Oder sie erklären, dass sie das Formular lieber in Ruhe zu Hause ausfüllen. Etwas nicht alleine machen möchten, weil sie sich nicht auskennen oder vermeiden Veran­stal­tungen, bei denen even­tuell etwas gelesen werden muss.

Klar geht das so.

Natür­lich kann man sich so durchs Leben schum­meln, aber Spaß macht das sicher­lich nicht. Immer auf der Hut sein, um nicht entdeckt zu werden, ist das Eine. Aber kein selbst­be­stimmtes Leben führen zu können, weil man von anderen abhängig ist das Andere. Immer auf jemanden ange­wiesen sein, der einem hilft, etwas zu lesen und zu verstehen. Briefe vom Amt, von Versi­che­rungen, der Schule der Kinder, Wurf­zettel der Nach­bar­schaft.

Nur weil man als Kind nicht den rich­tigen Zugang oder Vorbilder zum Thema lesen hatte, heißt es nicht, dass man diese schwäche nicht als Erwach­sener noch lernen kann.

Wann ist der richtige Moment?

Das Thema lesen bei Betrof­fenen zur Sprache zu bringen ist sicher­lich nicht ganz einfach, aber trotzdem ist es ein Versuch Wert. Aber der Moment sollte gut über­legt abge­passt werden.

Es bietet sich sicher­lich eine Situa­tion, auf die man sich beziehen kann, um das Thema des nicht lesen Könnens anzu­spre­chen. Auf keinen Fall in der Öffent­lich­keit, wenn andere Personen dabei sind, sondern lieber unter vier Augen.

Biete deine Hilfe an, den rich­tigen Kurs zu finden und weitere Infor­ma­tionen einzu­holen. Mache der Person klar, dass sie mit ihrem Problem nicht allein ist und sie jeder­zeit auf deine Unter­stüt­zung zählen kann.

Zähle die Vorteile auf:

  • Leichter einen Ausbil­dungs­platz oder Arbeit finden.
  • Unab­hän­giges und selbst­be­stimmtes Leben
  • Keine Angst mehr haben, dass die Schwäche entdeckt wird
  • Selbst­be­wusster leben, weil man alles selbst lesen kann
  • Den eigenen Kindern bei den Haus­auf­gaben helfen

Ein Recht auf Grundbildung!

Lesen und schreiben zu können gehört zur Grund­bil­dung. Jede größere Stadt hält dafür Bildungs­an­ge­bote bereit und das nicht nur für Kinder, sondern vor allem auch für Erwach­sene. Egal ob Deutsch die Mutter­sprache ist oder nicht. Jeder Mensch sollte lesen und schreiben beherr­schen, denn nur so ist jeder Mensch in der Lage, über sein Leben und sein Handeln selbst zu bestimmen.

Dafür bieten meist die Volks­hoch­schulen Kurse an. Häufig kostenlos oder für einen sehr geringen Beitrag. Auch die Volks­hoch­schule Lübeck bietet diese Kurse kostenlos an.

Einfach anrufen

Wer sich anonym und kostenlos beraten lassen möchte, kann das ALFA-Telefon anrufen. Ob Betroffene:r selbst oder Familie, Freunde, sons­tige Helfer. Jede:r kann sich hier zum Thema der Alpha­be­ti­sie­rung und Grund­bil­dung beraten lassen.

Das kostenlose ALFA-TELEFON ist unter 0800 – 53 33 44 55 erreichbar.

Wer lesen kann, schützt sein eigenes Leben!

Je mehr Menschen gut lesen können, desto mehr Vorteile hat es für die ganze Gesell­schaft. Denn dann können mehr Menschen Warn­hin­weise lesen. Weniger Menschen bringen sich in Gefahr an Klippen, in gefähr­li­chen Bade­be­rei­chen oder anderen Gefah­ren­stellen.

Weniger Menschen würden den Küsten­schutz, die Dünen zerstören und meine geliebte Heimat ist besser gegen Natur­ge­walten geschützt. Viel­leicht würden dann auch mehr Menschen Müll­eimer besser erkennen und ihren Müll dort entsorgen und nicht einfach irgendwo hinwerfen, weil sie dann die Zusam­men­hänge von Müll und Umwelt­ver­schmut­zung verstehen.

Ja gut, das kann natür­lich auch einfach Dumm­heit und egois­ti­sche Igno­ranz der Gesell­schaft gegen­über sein. Nach dem Motto: Da wird schon einer für bezahlt, der meinen Dreck wegmacht. Oder was inter­es­siert mich der Küsten­schutz, mein Haus steht ja nicht am Meer.

Mach dich schlau.

Trotzdem, ich glaube daran, dass Bildung unser wich­tigstes Gut ist und wir uns hier in Deutsch­land und Europa sehr glück­lich schätzen können, alle kosten­freien Zugang zur Bildung zu haben. Lasst uns die wenigen unter­stützen, die erst spät erkannt haben, dass lesen und schreiben wichtig ist.

Lade dir den Flyer herunter und stelle ihn in deiner Bubble zur Verfü­gung. Hilf mit die Zahl der Analpha­beten zu verrin­gern!

Hast du den perfekten Tag auf dem Weih­nachts­markt verbracht? Dann erzähl mir doch wie dir die Tour gefallen hat! Viel­leicht hast du auch einen tollen Tipp für mich weil du was schönes erlebt oder entdeckt hast? Dann schreib mir einen Kommentar.

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